Auf meiner Leseliste für das Jahr 2020 gab es die Kategorie „Ein Buch, dessen Seitenzahl ein Vielfaches von 42 ist“. Diese Anforderung erfüllte „König der Hobos – Unterwegs mit den Vagabunden Amerikas“ von Fredy Gareis (252 Seiten). Die Kategorie hatten wir uns ausgedacht, weil 42 eben die Antwort auf alles ist. Auf das Buch freute ich mich eigentlich, schließlich lag es schon seit 2018 auf meinem To-Read-Stapel. Das Thema an sich ist ja durchaus spannend. Kurz zusammengefasst: Der Journalist Fredy Gareis macht sich auf den Weg, um gemeinsam mit Hobos durch Amerika zu reisen. Hobos, das waren ursprünglich heimatlose Wanderarbeiter, die auf Güterzügen durch die Staaten trampten. Heute gibt es Halbzeit-Hobos, die zum Spaß Züge reiten, ebenso wie tatsächlich heimat- oder obdachlose Menschen, die sich so durchs Land schlagen. Dass sich Gareis auf das Experiment einlässt, zuerst Connections zur Szene knüpft und dann mit einem der bekanntesten Hobos der Szene (Shoestring) herumreist, ist eine spannende Idee. Schade allerdings, dass die Umsetzung nicht so ganz gelungen ist. Meiner Meinung nach.
Noch mal, falls das nicht klar geworden ist: Ich habe den größten Respekt vor Gareis und seiner Feldrecherche. Mich hat nur seine Erzählweise überhaupt nicht abgeholt. Fast fassungslos habe ich das Buch weggelegt, als ich damit fertig war. Die Geschichte hat keinen Spannungsbogen, wenig Relationspunkte für den Leser oder die Leserin und Atmosphäre, die einen Heißluftballon zum Schweben bringen würde, weil sie so dünn ist. Dabei wäre das Potential durchaus da. Es gibt schrullige Protagonisten, es gibt den Journalisten, der aus einer anderen Welt (geografisch und schichtspezifisch) kommt und die wechselnde Landschaft mit all ihren Großartigkeiten, die an den „Reitern“ vorbeizieht. Für eine Reportage fast zu emotionslos tritt Gareis diesen Bedingungen gegenüber. Es ist schade, meiner Meinung nach hat er damit Stoff, der das Zeug zu weit mehr gehabt hätte, verheizt. „Sagen was ist“ als Maxime guten Journalismus‘ – natürlich. Aber man hätte aus diesen Fakten auch eine Story machen können.
Die Eckdaten
Titel: König der Hobos (2018)
Seiten: 252 (Malik Taschenbuc)
ISBN: 978-3-89029-482-7
Preis: 16,00 Euro (D)
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