Stefanie Sargnagel – Dicht

Ich muss zugeben: bisher kannte ich keine Werke von Stefanie Sargnagel. Klar wusste ich ein bisschen, wer sie ist. Man kann sich der ein oder anderen Schlagzeile dann eben doch nicht entziehen. Bisher hatte ich Sargnagel immer als „aus Prinzip-Aneckerin“ abgestempelt und mich nicht weiter mit ihr beschäftigt. Dann kam mein Geburtstag 2020 und meine beste Freundin überreichte mir – ausgerechnet – das jüngste Werk der jungen Wienerin. „Dicht – Aufzeichnungen einer Tagediebin“ heißt es. Die Beste blickte mich freudig an und ließ mich gleich mal wissen, was ich vom Buch zu halten habe: „Es ist so geil, ich hab so gelacht!“ Da weißt also schon genau, wie du als Beschenkte zu reagieren hast. Ich habe daher beschlossen, ihr nie zu erzählen, dass ich es mittlerweile gelesen habe. Das wird nicht besonders viele Fragen aufwerfen, denn sie weiß, dass mein Stapel ungelesener Bücher eigentlich ein „Keller ungelesener Bücher“ ist. Die Sache ist die: ich fand das Buch nämlich nicht wahnsinnig gut.

Kurz zum Inhalt

Angeblich handelt es sich beim vorliegenden Text um eine Zusammenfassung der Sargnagel’schen Jugend. Von der Kritik wurde es als „toller Coming of Age Roman“ gefeiert. Und ich sitze da, lese Seite um Seite und frage mich, wann es denn nun endlich zu Ende ist. Denn nach ungefähr einem Drittel kommt nichts Neues mehr: Sargnagel hängt mit „Illustren Gesellen“, die ich weniger euphemistisch ja als Junkies, Faulpelze, Schmarotzer oder schlichtweg Kriminelle bezeichnen würde, ab. Sie tut das wahlweise betrunken oder bekifft und entweder am Donaukanal oder auf der Votivwiese. Ahja, und sie hasst es, in die Schule gehen zu müssen. Das gesamte Thema tröpfelt dahin, wiederholt sich und ist dann irgendwann halt doch aus. Fast wie die Ring-Bim. Dazu kommt, dass ich persönlich die Prosa jetzt auch nicht unbedingt einer vielfach gepriesenen und ausgezeichneten Schriftstellerin würdig finde. In der Hinsicht – und in Sachen Witz – ist die Widmung meiner besten Freundin das beste am Buch.

Was Sargnagel aber gut gelungen ist, ist die Schilderung der diversen Fortgeh-Orte und des Wiens in den späten 90ern. Außerdem scheint sie ein sehr offener Mensch zu sein, der auch kein Problem damit hat, Andersartigkeit und alternative Lebensstile zu akzeptieren. Versteht mich nicht falsch, ich finde ja auch nicht, dass jeder „meine“ Jugend gehabt haben muss. Und es ist schön, dass Sargnagel auf ihre Jugend auch mit einer gewissen Wehmut zurückblickt bzw. sie so mochte, wie sie war. Aber wenn ich meine Tagebücher von damals durchlese – Junge! Da war schon mehr Action, mehr Wachstum, so viel Unterschiedliches und soviel Positives. Es kommt mir halt so vor, als wäre eine Jugend durch einen permanenten Bierrausch betrachtet eben eine, die in Sachen Enwicklung etwas Luft nach oben lässt. Gut, nun hat Sargnagel ja bewiesen, dass man es so oder so zu etwas bringen kann. Aber ich versteh‘ halt nicht ganz, was den Reiz ihres Werkes ausmacht. Auch ihre Cartoons finde ich nicht lustig und auch eher stümperhaft. Aber wenigstens habe ich es jetzt gelesen und kann es damit von meiner Leseliste 2021 streichen. Yay.

Details
Original: Dicht – Aufzeichnungen einer Tagediebin (2020)
Seiten: 250 (Rowohlt Hardcover)
ISBN: 978-3-498-06251-4
Preis: 20,60 Euro

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