Es gibt Bücher, für deren Besitz ich mich vor ein paar Jahren noch richtig geschämt hätte. Aber Scham ist so ein sinnloses Gefühl. Es hält uns viel zu oft davon ab, Spaß zu haben. Und deswegen versuche ich, darauf so häufig wie möglich zu scheißen. Eine Romantikerin bin ich ja sowieso, weshalb also nicht auch ein paar Bücher von der Queen of Romance schlechthin lesen? Genau! Dazu kommt, dass „Wilder Thymian“ schon seit 2005 auf meinem Stapel ungelesener Bücher liegt. Meine Freundin Christa aus der Leserinnengruppe hat es für 2020 auf meine Leseliste gesetzt, damit ich es endlich abhaken kann.
Zum Inhalt
Victoria ist Single. Sie lebt in einer kleinen Wohnung und hängt immer noch irgendwie ihrer verflossenen Liebe Oliver Dobbs nach. Der hat sie sitzen gelassen und ist ohne ein Wort aus ihrem Leben verschwunden. Sie lebt so vor sich hin, dann erhält sie von den Freunden ihrer Mutter eines Tages eine Einladung zu einer Party. Sie will eigentlich gar nicht hingehen, rafft sich dann aber doch auf. Gerade als sie das Haus verlassen will, steht er in der Tür: Oliver Dobbs. Im Arm hält er seinen zweijährigen Sohn Thomas. Weil sie sowieso schon zu spät dran ist, wird auf lange Erklärungen verzichtet. Victoria geht höchst widerwillig zur Party.
Pflichtbewusst unterhält sie sich dort mit einem gewissen John Dunbeath. Sie bleibt gerade so lange, dass ihr fluchtartiger Aufbruch nicht als zu unhöflich gesehen wird. In Gedanken ist sie sowieso ständig bei der Tatsache, dass der erfolgreiche Schriftsteller Oliver nach so langer Funkstille doch wieder in ihrem Leben aufgetaucht ist. Offenbar mit seinem Sohn, den er nach dem Tod dessen Mutter von den Großeltern entführt hat. Er möchte mit Victoria und Thomas Urlaub in Schottland machen. Glücklicherweise kennt er den Besitzer des legendären Gutes Benchoile und hat eine Einladung dahin ausständig. Er packt also seine (ihn aus welchen Gründen auch immer anbetende) Freundin und sein Kind und fährt mit ihnen nach Schottland.
Dort werden sie freudig am Gut empfangen. Nicht wissend, dass Benchoile John Dunbeaths Onkel gehörte. Der ist kurz zuvor verstorben, hat seinem Neffen das Anwesen vermacht und nun ist auch er am Weg nach Schottland. Was wird passieren, wenn die Männer aufeinander treffen? Was wird Victoria tun?
Meine Meinung
Ich liebe Romantik. Ich liebe romantische Romane und habe auch selbst einen geschrieben. Dieses Buch ist schön zu lesen, aber man muss ganz ehrlich sagen, dass es ein wenig wie ein Fleckerlteppich ist. Pilcher hat mehrere Handlungsfäden am Ende einfach irgendwie lieblos miteinander verknüpft. Einige Dinge erscheinen mir so sehr an den Haaren herbei gezogen, dass es bei genauerem Hinschauen fast schmerzt. Aber trotzdem habe ich das Buch sehr gern gelesen. Die Landschaftsbeschreibungen und der Hauch längst vergangener Zeiten sind einfach zu schön. Insgesamt hätte man aus dem Roman einen richtigen Wälzer machen können, hätte man den Figuren etwas Zeit zur Entwicklung gegeben.
Bei aller Kritik muss ich aber auch dankbar mein Haupt neigen. Denn dank Rosamunde Pilcher weiß ich nun endlich, was ich bin: die deutschsprachige Antwort auf sie. Ich muss nur einen Literaturagenten finden…
Die Eckdaten
Original: Wild Mountain Thyme (1978)
Seiten: 368 (Taschenbuch, rororo)
Preis: 10,30 Euro
ISBN: 978-3-499-26814-4
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