„Vorsicht, ich schreibe heute anders als vor drei Jahrzehnten. Das ist unvermeidlich; jeder wird besser mit den Jahren“ schreibt Helge Timmerberg in seinem Vorwort zu „Im Palast der gläsernen Schwäne. Mit dem Fahrrad durch Indien“. Dieses Vorwort ist vor allem für jene relevant, die von Timmerberg sonst nichts kennen und sich mit diesem Buch erst an den Autor heranwagen. Die könnten sich danach nämlich zurecht fragen, wie aus Timmerberg DER Reisejournalist schlechthin hatte werden können. Wer allerdings – so wie ich – schon mehrere Bücher von ihm kennt, hat mit diesem Frühwerk einen spannenden Vergleich zu seiner aktuellen Erzählweise vorliegen. Aber von Anfang.
In diesem Buch erzählt Timmerberg von einer Reise durch Indien. Gemeinsam mit seiner damaligen Freundin Mirta macht er sich Mitte der 80er Jahre auf dem Fahrrad auf den Weg. Die Reise führt von Goa nach Karnataka. Im Gepäck haben die beiden Beziehungsprobleme, die Hoffnung auf eine wie auch immer geartete Erkenntnis, Drogen und Zigaretten sowie einen rudimentären Plan, wohin sie der Weg führen soll.Unterwegs treffen die beiden spannende Menschen und immer wieder sich selbst, andere Facetten von sich selbst, Yogis und freundliche Einheimische.
Meine Meinung
Ich bin wahrscheinlich ziemlich voreingenommen. Einerseits, weil ich Indien nicht mag. Und andererseits, weil ich Drogen nicht mag und nicht verstehe, weshalb an sich kluge Menschen kiffen oder andere Substanzen brauchen, um sich gut zu fühlen. Das Alkohol-Argument ist eines, das in meiner Welt nicht valide ist. Denn den konsumiere ich, weil er den Benefit des Geschmacks hat, nicht wegen seiner Wirkung. Und meist auch nur so wenig, dass er nichtmal Wirkung entfaltet. Dieses kleine Präludium muss ich hier anbringen, weil es wichtig ist, um meine Argumentationskette zu verstehen. So, also. Es geht um Indien, das ist in einem Buch über Indien unvermeidlich. Ich war erst letzten November dort, wo Helge und Mirta herumradelten. Klar hat sich Indien verändert, das schreibt Timmerberg ebenfalls in seinem Vorwort. Es war daher spannend, vom Indien vor 30 Jahren zu lesen.
Man fühlt die Luftfeuchtigkeit, man schmeckt den Chai, man hört die Tiger im Dschungel brüllen. Das macht er schon ganz gut. Generell – und das mag jetzt wie ein Widerspruch klingen – geht es meiner Meinung nach zu wenig um Indien oder die Tatsache, dass die beiden durch Indien radeln. Fast fühlt sich dieser Umstand wie eine drogenrauschbedingte Begleiterscheinung eines ewig dauernden Beziehungsstreits an. Das muss man wissen. Ein „typisches“ Reiseabenteuerbuch darf man sich also nicht erwarten, dann ist die Enttäuschung am Ende nicht zu groß. Ich persönlich hätte wirklich gern mehr „Indien“ gelesen. Das Buch hab ich eigentlich dann nur beendet, weil es auf meiner Leseliste 2020 steht.
Die Eckdaten.
Original: Im Palast der gläsernen Schwäne (1985)
Verlag: Malik (Taschenbuch)
Seiten: 218
Preis: 13,40 Euro
ISBN: 978-3-492-40543-0
2 Kommentare