Am 5. Oktober um 16 Uhr war es soweit: Der erste Megamarsch rund um Wien wurde eingezählt. Über 730 Teilnehmer hatten sich am Start (am Rollerdamm) eingefunden, um sich der Herausforderung ihres Lebens zu stellen. 100 Kilometer in 24 Stunden gehen war das Ziel. Ich war unter den Teilnehmern, ich wollte diese Grenzerfahrung ebenfalls machen. 142 Kilometer, aber mit ca. 5 Stunden Schlaf bei der Halbzeit bin ich schonmal gegangen. 100 in einem durch, ganz ohne Schlaf, bei Wind und Wetter und Dunkelheit, das war neu.
Der Start war auch recht gut. Es ging Richtung Floridsdorfer Brücke, dann über die Donau, raus nach Klosterneuburg und den Leopoldsberg hoch. Da haben schon die ersten gestöhnt. Ironischerweise war das auch der sonnigste und wärmste Teil der Strecke. Obwohl mich der Leopoldsberg schonmal fast abgeworfen hat, habe ich es dieses Mal flott hochgeschafft. Und kaum war ich auf der anderen Seite ein Stück vorwärts gekommen, begann es zu regnen. Und zu stürmen. Und es wurde dunkel. Meine Stirnlampe funktionierte nur halbe Zeit, ich war alleine unterwegs und ein bisschen angepisst, weil manchmal Pfeile, die die Richtung anzeigen hätten sollen, einfach nicht zu finden waren. Wären nicht hin und wieder immer wieder Grüppchen zusammengestanden oder Menschen mit GPS Navis aufgetaucht, hätte ich mich oft verfranzt.
Bei Kilometer 20 war die erste Versorgungsstation. Es regnete in Strömen. Ich habe mich nicht besonders lang aufgehalten, sondern bin gleich weiter. Und besser war es. Denn direkt nach der Marswiese begann ein erneuter Aufstieg. Über einen relativ steilen Weg, der vollständig einfach nur Gatsch war. Mich hat es hingehaut, ich war auf der ganzen Rückseite voll Matsch und einfach nur angepisst. Zum Glück stand da dann ein etwas älterer Mann vor mir und fragte mich, ob alles ok sei. Weil wir ungefähr dasselbe Tempo drauf hatten, gingen wir die restlichen 40 Kilometer gemeinsam. Das war auch gut so. Er lieh mir sein Stirnlampenlicht, wir lenkten uns mit Smalltalk ab und ehrlicherweise war er der Grund, weshalb ich nicht bei km 27 einfach abgebogen und nach Hause gegangen bin. Von da waren es nämlich nur ca. 2 km zu mir heim.
Roland hieß mein Weggefährte. Es war einerseits voll gut, ihn zu haben, denn allein verrennt man sich sicher in seinen Gedanken und gibt schneller auf. Andererseits war er ziemlich flott unterwegs. Er hat die Gesamtstrecke in 21,5 Stunden absolviert. Vielleicht hätte ich es ein bisschen weiter geschafft, wäre ich etwas langsamer gegangen. Allerdings hätte das wahrscheinlich meine Blasen am Fußballen (nächstes Jahr tapen!!) auch nicht verhindert.
Bei 60 km ging es dann für mich nach Hause. Ich versuchte mehrmals, meine Freundin anzurufen. Die hat mir versprochen, sie würde mich jederzeit von überall abholen. Tja, sie hat nicht abgehoben. Fünfmal nicht. Klar war ich enttäuscht und sauer. Ich hab mich dann langsam zum Nachtbus geschleppt, bin mit dem zur U1 gefahren und damit zum Stephansplatz. Und von dort mit der U3 nach Ottakring. Ich hab mich noch im Vorraum ausgezogen und bin mit einem Zwischenstopp in der Dusche direkt ins Bett. Den Sonntag habe ich quasi mit schlafen und Dehnübungen verbracht.
Nächstes Jahr bin ich fix wieder dabei. Ich habe eine Liste mit Verbesserungsvorschlägen für meine Ausrüstung und Vorbereitung. Sobald ich mich wieder ordentlich bewegen kann, beginnt das Training. Und ich will meine fehlenden 40 Kilometer vor dem nächsten Megamarsch fertig gehen. Irgendwie kann ich mich nicht über meine 60 Kilometer freuen. Ich ärgere mich mehr über die 40 nicht geschafften. Story of my life? Wahrscheinlich. Sollt ich mal dran arbeiten. Laufen bereitet einen übrigens nur bedingt auf eine Unternehmung wie diese vor. Ich werde wieder mehr gehen. Ich hab nur keine Ahnung, wo ich das in meinen Zeitplan reinquetschen soll.
Was ich ebenfalls tun wollte/sollte: Mir ein paar Gedanken zu konkreten Themen machen. Das klingt mysteriöser, als es ist. Ich wollte halt einfach die Zeit nutzen, um mir zu überlegen, wann ich welche Projekte angehe, was ich hinsichtlich Buch/nächstes Buch machen soll – sowas halt. Unspektakulär. Aber das kannst halt auch schwer, wenn dich ein Quasi-Fremder die ganze Zeit zulabert. Wäre ich mit jemandem unterwegs gewesen, den ich kenne, hätte ich wohl (hoffentlich) keine Skrupel gehabt, um Stille zu bitten. Oder darum, etwas langsamer zu gehen. Next time. There’s always a next time.
xoxo, C
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