Rezension „American Gods“ – Neil Gaiman
Eigentlich hätte das Leben für Shadow ab diesem Tag wieder seinen gewohnten Gang gehen können. Er wird aus dem Gefängnis entlassen – und damit ändert sich das Leben schlagartig. Er erfährt, dass seine Frau und sein bester Freund bei einem Autounfall tödlich verunglückt sind.
Er ist wie betäubt; in einer Art Wurschtigkeit nimmt er einen Job als Bodyguard für einen zwielichtigen Typen namens Mr. Wednesday an. Der ist ihm ziemlich unheimlich, weil er mehr weiß, als er eigentlich wissen dürfte. Dass seine Frau ihm als Untote ständig wieder begegnet, macht sein Leben auch nicht gerade fröhlicher. Shadow reist mit Wednesday herum und lernt immer mehr seltsame Menschen kennen. Ihm dämmert nach einiger Zeit, dass er es wohl nicht mit Menschen zu tun hat. Vielmehr ist Wednesday, der in Wahrheit der Allvater ist, gerade dabei, die anderen Götter zu einem Kampf zu überreden. Denn die alten Götter verlieren an Macht; die Menschheit wendet sich zunehmend von ihr ab und hin zur Technologie.
Wird Wednesday es schaffen, die Götter, die allesamt schon etwas träge und apathisch geworden sind, aufzurütteln? Und welche besondere Rolle spielt Shadow in diesem Plan? Das Buch ist in sich sehr rund, sehr abgeschlossen und liefert Antworten auf diese Fragen; man hat nicht das Gefühl, vor losen Enden zu stehen. Gaiman hat damit einen echten Brocken vorgelegt; die Taschenbuchausgabe kommt immerhin mit fast 700 Seiten daher.
Das Buch liest sich gut und ohne Längen; wer sich ein bisschen mit Mythologie und Göttern alter Kulturen auskennt, wird damit doppelt seine Freude haben. Aber auch, wer darin nicht so bewandert ist, hat mit „American Gods“ für einige Tage herausragende Lektüre. Die Erzählung ist dicht, die Atmosphäre ebenso. Und obwohl Shadow nicht viel sagt und als Person nicht in den Vordergrund tritt, ist er eine sympathische Romanfigur, mit der man mitfiebert. Meine persönliche Empfehlung ist, unbedingt die „Director’s Cut“ Version von Neil Gaiman zu kaufen – die kommt mit einem langen Vorwort und Szenen, die in der Urfassung vorhanden, bei der ersten Publikation allerdings gestrichen worden waren.
Für Wen.
Es ist auf jeden Fall eine Empfehlung für alle, die auf Fantasyromane epischen Ausmaßes stehen.
Wann lesen.
Im Urlaub.
Die Eckdaten.
Taschenbuch: 670 Seiten
Verlag: Eichborn
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3-8479-0587-5
Preis: 16,00 Euro
Für mich hat das Buch zusätzlich emotionalen Wert. Es war ursprünglich als Geburtstagsgeschenk für mich gedacht, kam aber nach einer langen Reise per Post quer durch Österreich erst vier Monate später an. Es wurde mir mit den Worten „Ich weiß, du magst keine Fantasy. Aber ich mochte es sehr und vielleicht gefällt es dir ja auch“ fast schon schüchtern geschenkt. Ich mag Männer, die mir Bücher schenken.
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